Kräuterwanderung 19.08.2017 Das erste Wildobst reift.

Trotz der vielen Regentage, die in diesem Jahr vorherrschen haben wir immer Glück mit den Kräuterwanderungen: es ist noch keine wegen des Wetters ausgefallen. Und auch am letzten Samstag war das Wetter offen und die Wolken drohten erst zum Ende des Weges mit Regen.

Dank des üppigen Regens wachsen die Pflanzen auch sehr gut und deswegen konnten wir trotz der Waldarbeiten immer noch an vielen Stellen interessante Pflanzen finden. Die Blüten gehen immer weiter zurück und die Frucht- und Samenbildung hält Einzug. Der Sanddorn trägt schöne Früchte und wir konnten eine Beere kosten: sehr sauer und mit dieser typischen trockenen Säure, die man auch vom Wein kennt. Da der Sanddorn auch weiterhin zu den geschützten Pflanzen zählt, darf man diese nicht in freier Wildbahn ernten, sondern sollte auf kultivierte Ware oder direkt fertige Fruchtsäfte oder Aufstriche zurückgreifen. Der Sanddorn bietet ein Feuerwerk aus Stoffen, die jetzt zum Herbst hin wichtig sind und sollte in keiner Kur für die Vorbereitung auf die kalte Jahreszeit fehlen.

Entlang des ganzen Weges konnten Brennnesselsamen geerntet werden. Wer empfindliche Hände hat sollte dabei Handschuhe tragen aber noch wächst ja auch überall der Spitzwegerich mit dessen Presssaft man sich dabei auch gut helfen kann. Es ist erstaunlich wieviel Saft aus einem kleinen Spitzwegerich-Blättchen entsteht, wenn man es zwischen den Fingern zerreibt. Die Brennnesselsamen werden dann später trocken in der Pfanne geröstet und halten sich so ein paar Tage. Man kann sie als Topping zum Feldsalat oder auch zu Kürbisgerichten oder cremigen Gemüsesuppen nehmen.

Jetzt blüht hier erst der schwarze Nachtschatten. Er blüht weiß hat aber schwarze Früchte. (Bilder folgen noch.) Eine Pflanze die zu den Nachtschattengewächsen gehört. Ebenso wie Kartoffel, Aubergine und Tomate. Man erkennt sie an den typischen Blüten: 5-zackig mit spitz auslaufenden Blütenblättchen und einem meist gelb oder orangenen Fruchtknoten der aus der Mitte der Blüte herausragt. Alle Vertreter dieser Pflanzenfamilie sind giftig. Die Borretschgewächse haben ebensolche Blüten und gehören auch zu der gleichen Gruppe der Euasteriden. Borretsch und andere Rauhblattgewächse können giftig sein. Nachtschattengewächse sind giftig. Die  essbaren Knollen und Früchte der Gemüsepflanzen sind Zuchtergebnisse.

Der Name Nachtschattengewächse wurde gewählt, weil der Verzehr von Pflanzenteilen, Blüten oder Früchten zu Alpträumen = Nachtschatten führt.

Jetzt sind auch die Samen vom Färber Wau (Reseda) reif, die Samen wurden  zum Gelbfärben verwendet. Eine Pflanze, die ich auch noch nie hier im Ruhrgebiet gesehen habe und nun wächst sie einfach so auf einem Parkplatz. Es gibt 2 Resedaarten, die hier wachsen und im nächsten Sommer werden wir auf die Pirsch gehen um beide zu finden.

 

 

Auf dem Weg durch das Birkenwäldchen begrüßt uns der zweite Austrieb des Gundermanns. Die frischen grünen glänzenden Blätter laden zum Sammeln ein und sie sind ein frisches Herbstgemüse oder auch als Salat. Dann müssen sie aber gründlich gewaschen werden, weil es ja eine sehr bodennahe Pflanze ist.

Auf dem weiteren Weg begegnen uns Wilde Möhre und Schafgarbe. Wobei die Schafgarbe so aussieht wie ein Doldenblütler aber keiner ist. Jedes kleine Blütchen der Scheindolde sitz nämlich in einem eigenen kleinen Körbchen. Die Schafgarbe gehört also zu den Korbblütlern. Schafgarbenblüten werden bei größeren Kindern und
Erwachsenen gegen Husten eingesetzt. Das Kraut mit Blüte wird auch bei Verdauungsbeschwerden (Bitterstoff) angewendet.

Auf dem bergab Stück des Weges wächst der japanische Schlangenknöterich. Ein Neophyt, der sich hier gut angesiedelt hat und in Flächen, die für die heimischen Arten schwierig sind, diese dort auch verdrängen kann. Es gibt meines Wissens keine besonderen Heilwirkungen und die Pflanze ist nicht essbar. Aus den Stängeln kann mein Röhrchen machen, die zusammengesetzt wie eine Panflöte zu  benutzen sind.

Nun kommen wir zum Deinighauserbach und hier wachsen viele Schwarzerlen entlang des Baches. Ein Baum, der hier im Emscherbruch heimisch ist und unseren Vorfahren als Schutzbaum gegen das Hochwasser diente. In Schutzbäumen sollen Geister wohnen, die dem Menschen Schutz und Obdach geben. Deswegen wurden Schutzbäume verehrt.

Schwarzerlen können sehr viel Wasser aufnehmen und stehen auch gerne im Nassen. Man kann davon ausgehen, dass unsere Vorderen hier in einzelnen Höfen, die auf kleinen Erhebungen gebaut wurden, siedelten. Um diese Höfe wurden Schwarzerlen gepflanzt um das Frühjahr und Herbsthochwasser abzulenken und aufzunehmen. So blieben die Höfe trocken.

Weiter unter der Bahnlinie durch und Richtung Nierholzstrasse passieren wir einen Tümpel und finden echtes Orgeno. Kleine, runde Blättchen und der typische Geruch. Lassen wir es hier wachsen und freuen wir uns darüber dass es irgendwo ausgebüxt ist und hier Fuß gefasst hat. Es ist ein klassisches Küchenkraut und man kann es hervorragend auf der Fensterbank oder dem Balkonkasten ziehen.

Ansonsten ist der Weg völlig kräuterleer, weil alles abgemäht wurde. Keine  Karden, keine Wilden Möhren, kein Labkraut usw.  mehr. Nur noch der spärlicher Rest einer Wegwarte.  Schade, aber die Verkehrssicherheit hat eben Vorrang. Die Goldrute steht weit genug weg vom Wegesrand und es konnten ein paar die Mäharbeiten überleben. Hier können wir getrost üppige Sträuße für die Vase schneiden und uns diesen balsamischen Duft in die Wohnung holen. Solidago virgaurea / canadensis. Das Heilmittel gegen  Blasenentzündung, da es auch entzündungshemmende Wirkung hat. Tee aus blühenden Sprossspitzen zusammen mit Birkenblättern und Brennesselkraut. Es ist auch für Kinder geeignet, sollte dann aber sparsamer dosiert werden.

Aber es ist ein Neophyt und verdrängt die europäische Goldrute, die etwas kleiner ist und von der Blüte eher kompakter als die kanadische Art.

Auf der „buschigen Seite“ des Weges finden wir nun Früchte des Hartriegels und des Weißdorns.

Grundsätzlich ist bei allen schwarzen Früchten Vorsicht geboten. Viele Kerne und Steine enthalten giftige Säuren, die den Samen vor Fäulnis und Frassfeinden schützen. Auch Apfelkerne enthalten Blausäure. Die Kerne des Hartriegels Stoffe, die roh giftig sind gekocht aber verzehrt werden können.  Sie dienen Vögeln als Winterspeise und da ich letztens gehört habe, dass durch die intensive konventionelle Landwirtschaft die Vögel schon im Sommer nicht mehr genug Nahrung finden, denke ich, sollten wir die Früchte des blutroten Hartriegels ruhig am Strauch lassen und die Früchte essen, deren Verzehr eindeutig gut für uns Menschen sind und auch einen wirklich gesundheitlichen Nutzen haben. So wie die Holunderbeeren. Die roh auch ungenießbar sind, aber über Dampf entsaftet einen tollen Wintervitaminspender bereit halten und als Zusatz zu Marmelade oder Apfelkompott oder zum herzhaften Wildgericht nicht nur gesund sondern wirklich lecker sind.

Jetzt kommen wir wieder in den Wald und hier ist auch noch nicht alles gemäht, so dass wir auf dem weiteren Weg noch Kletten von der Großen Klette sammeln können um „den Bruder zu Hause zu ärgern“.

Und in dem Bereich, den ich „meine große Waldapotheke“ nenne, stehen auch noch viele tolle Pflanzen: Wir naschen noch ein paar Blätter der Königskerzenblüte, sammeln Beifuß und ich grabe eine Nelkenwurzwurzel aus. Getrocknet soll diese wie Nelken als Gewürz verwendet werden können. Das möchte ich ausprobieren. Zu Hause reinige ich die Wurzel und schneide sie klein und schon dabei steigt mir ein leichter Nelkengeruch in die Nase aber getrocknet ist der Geruch noch viel stärker. Da sie ähnliche Stoffe, wie die echte Gewürznelke enthält hat sie auch ähnliche Heilwirkungen und sie dient der Verdauungsförderung und ist windtreibend.

Hier wächst auch noch frischer Dost, den wir natürlich auch mitnehmen.

 

             

Rainfarn, Huflattich und fast zum Ende der Wanderung hin riesige Vertreter  des Beinwell. Eine Pflanze, deren Wurzel bei Prellungen, Verstauchungen und Knochenbrüchen auch in der Phytopharmaindustrie eingesetzt wird und in keinem Haushalt fehlen darf wo Sport getrieben wird. Man kann die Salbe zwar selber herstellen aber es gibt sehr gute, verträgliche Salben im Handel, die den Vorteil haben Beinwell in der richtigen Dosierung zu enthalten. Ein Zuviel kann nämlich auch allergische Reaktionen hervorrufen.

Und schon war die Runde wieder gegangen und weil die Wolken doch sehr bedrohlich nach einen starken Regenguss aussahen, strebten wir dem Ausgangspunkt zu.

Die nächste Kräuteraktion findet in den Räumen der Naturheilpraxis in Ickern auf der Kirchstrasse statt. Bei Wirsing, Salat & Co werde ich erklären welche Gemüsepflanzen heilkräftige Wirkungen haben und wie diese dann aus den Pflanzen gelockt werden können.

Ich wünsche allen Kräuterwanderern eine schöne Woche und würde mich freuen Sie alle am 02.09.2017 um 10:00 Uhr wieder begrüßen zu dürfen.